Montag, 21.05.2018
Kipfenberg – Nürnberg 78 KM Gesamt: 640 KM
Nach wieder einmal einem sehr ausgiebigen und leckeren Frühstück
mache ich mich um 9 Uhr auf den Weg nach Nürnberg. Endlich ist es genau mein
Wetter, die Sonne scheint, ein leichter Wind weht, ich kann mit kurzen Hosen
und Shirt fahren. Ich schmiere mich mit Sonnencreme ein und los geht es.
Die
ersten Kilometer geht es dem landschaftlich herrlichen, top-ausgebauten
Altmühltal-Radweg entlang. Ein 5-Sterne-Radweg mit Auszeichnung. Der Weg ist schon
um diese Uhrzeit stark frequentiert von Tourenradlern. Ich bin nun nicht mehr der
Exot, der mit vollgepacktem Rad durch abgelegene Ortschafen fährt, ich bin
einer von vielen. Hier muss ich mich an Regeln halten um integriert zu sein.
Nicht einfach rechts und links schauen, spontan anhalten um Fotos zu machen,
immer schön das Tempo halten, freundlich grüßen, Rücksicht auf die Kleinen
nehmen. Hält man sich schön brav an die Vorschriften der Radlergilde ist alles
gut, Fehler werden jedoch nicht akzeptiert. Ich fühle mich unter meines
gleichen.
Bei einer kleinen Pause treffe ich auf eine Truppe älterer Leute mit
Ebikes, ein kurzes Späßchen im Radler-Fachjargon und weitergehts. Hier wird
hochdeutsch oder bayrisch gesprochen, ich gebe mir alle Mühe und das wird
honoriert. Beim nächsten Stopp auf einem Grillplatz tummeln sich Radler-Familien
mit Kindern. Eine Mutter beäugt mich etwas kritisch, wohl weil mein Helm auf
dem Gepäckträger ist und nicht auf dem Kopf und was ist mit der Vorbildfunktion
für die Kinder?
Ich bekomme Angst. Muss ich jetzt zurück auf die Landstraße, wo
das Leben als Radfahrer nichts zählt? Wo der Feind, der Autofahrer keine
Rücksicht auf Verluste nimmt und gnadenlos knapp an einem vorbeirast, wo man
als Störfaktor angesehen wird, als Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse, wo man
machtlos gegen die Macht des Stärkeren ist? Ich möchte doch so gerne
dazugehören zu dem Volk der ordentlichen Tourenradler auf dem 5-Sterne-Radweg,
aber den Helm möchte ich nicht aufsetzen müssen, das möchte ich selbst
entscheiden dürfen, darf ich das selbst entscheiden ohne verurteilt zu werden?
Nach einigen Kilometern verlasse ich den Altmühltal-Radweg wieder und folge
meiner Route in Richtung Nürnberg. Schön wars im Schlaraffenland der Radfahrer,
aber so richtig frei habe ich mich nicht gefühlt.
In Thalmässing findet ein
riesiger Pfingstmarkt statt, ein Krämermarkt mit Marktschreiern, allen
möglichen Verkaufsständen und natürlich dem traditionellen Panflöten-Spieler
mit CD-Verkauf. Sollte der nicht gerade auf dem Pfingstmarkt im heimatlichen
Angelbachtal auftreten?
Nicht weit entfernt liegt das fränkische Roth. Ein
Mekka der weltbesten Triathleten, am 1. Juli findet wieder die nächste
Challenge statt und das merkt man bereits jetzt. Die Athleten bereiten sich laufend,
radelnd und wohl auch schwimmend auf den Wettkampf vor. Ich bewundere diese
Ausdauersportler, die in drei verschiedenen Disziplinen Höchstleistungen
vollbringen.
Eine Schmalspurversion eines echten Triathlons habe ich im Rahmen
des Kraichgau-Triathlons auch mal angestrebt, aber es scheiterte immer am
Schwimmen, ich habe es probiert und trainiert, aber da das Schwimmen regelmäßig im Wasser
stattfindet, war das nichts für mich.
An einer roten Ampel bin ich plötzlich
umsäumt von Rennradlern auf ihren speziellen Triathlonbikes. Sie beäugen kurz
mein vollgepacktes Tourenrad und der ein oder die andere denken sich wohl „so
was möchte ich auch mal machen, wenn ich alt bin“. Die Ampel schaltet auf grün
und mit dem typischen Geräusch der speziellen aerodynamischen Bereifung ..whuuup..whuuup…whuuup…
ziehen sie an mir vorbei.
Bald bin ich am Main-Donau-Kanal angelangt, eine
insgesamt 171 Kilometer lange Bundeswasserstraße von Kehlheim bis Bamberg. Sie wird mich nun bis
Nürnberg begleiten. Sehr schön fährt man am Wasser entlang und kann die Schiffe
beobachten. Jedoch hat man spätestens nach 10 Kilometern sturem gerade
ausfahren auf einem nicht geteerten Weg keine Lust mehr darauf. Das habt ihr
toll gemacht mit dem Wasser und dem Weg, es ist aber gut jetzt, ein zwei kleine
Kurven wären schon schön gewesen.
Allerdings geht es mit leichtem Rückenwind
auch sehr flott vorwärts und ich bin schon kurz nach zwei Uhr in Nürnberg und habe
heute 75 Kilometer hinter mir. Am Bahnhof ist noch kurz etwas Chaos, weil eine
große Baustelle ist, woran erinnert mich das bloß?
Soll ich nun also wirklich schon aufhören für
heute, ich könnte locker noch zwei drei Stunden fahren? Aber ich gönne mir den
Nachmittag bei wunderschönem Wetter in der Stadt, quartiere mich in einer kleinen,
aber schönen Pension in der Stadtmitte ein und nehme nach einer Dusche Platz in
einem netten Café und schreibe bei Kaffee, Kuchen und Smoothie an meinem
Tagesbericht, inmitten des herrlichen Ambientes der Altstadt.
Es fällt mir auf,
dass sehr viele Punker in der Stadt sind und die Leute anbetteln und schon werde
auch ich um den obligatorischen Euro gefragt. Im Vergleich zu einer Eiskugel,
die hier mittlerweile 1,40 Euro kostet, finde ich das Preisniveau mit dem
gleichbleibenden „haste mal nen Euro“ bei den Punks seit der Währungsumstellung
relativ günstig, man merkt dass kein Controller oder Buchhalter beschäftigt ist.
Ich wurde gefragt was ich denn abends so mache, nun, nicht
viel. Nach dem Radeln, etwas entspannen im Zimmer, duschen, etwas essen gehen
oder auch mal was vom Supermarkt holen, dann ist meisten schon acht oder neun und ich freue
mich auf das hinlegen, ein bisschen schreiben, whatsappen, fernsehschauen und schlafen. Kontakte suchen oder neue Freundschaften schließen, das ist mir nicht so wichtig, wenn sich etwas ergibt dann gut, wenn nicht ist das auch nicht schlimm.
Das war bisher der schönste Tag meiner Reise, ich fühle mich rundum wohl
und genieße meine Deutschland-Tour in vollen Zügen.
Hallo Thomas,
AntwortenLöschenmit großem Interesse lese ich Deine Touren-Berichte, manchmal mit einem Lächeln, manchmal so wie heute, mit ein bischen Neid.
Umso mehr freue ich mich auf die vor mir liegenden Wanderungen während unseres Urlaubs.
Übrigens habe ich Anna und Niko deine Ausführungen gezeigt, sie haben sie gelesen wie ein spannendes Buch.
Ich wünsche weiterhin gute Fahrt, so wie mit scheint liegst du gut in der Zeit.
Gruß Michael
Hallo Michael,
AntwortenLöschenvielen Dank. Ich bin gerade wieder in der Heimat eingetroffen. Am Montag geht es dann planmäßig weiter in Richtung Dresden. Ich wünsche euch ganz viel Spaß bei eurem Urlaub und wünsche euch gute Erholung und bestes Wetter.
Viele Grüße
Thomas
Allergrößten Respekt!
AntwortenLöschen