Sonntag, 23. September 2018

Rückblick


Sonntag, 23.09.2018

Eigentlich wollte ich direkt nach der Tour ein Resümee ziehen und nun sind doch schon wieder zwei Monate vergangen. Viele Fragen durfte ich beantworten, was war das Schönste, das Schrägste, das Schlimmste, das Gefährlichste, das Aufregendste… ?. Ich werde die Fragen zusammentragen und eine Interview-Rubrik im Blog einrichten und die Antworten veröffentlichen. Drei Jahre vergingen von der ersten Idee bis zum Start der Tour, dann acht Wochen auf Reise und nun? Denke ich sehr oft daran. Immer wieder kommen Erinnerungen hoch und doch habe ich einiges schon wieder vergessen. Ottersberg zum Beispiel. Da habe ich übernachtet. Ist in der Nähe von Kaiserslautern. Ich habe mir gerade im Internet Bilder dieser Ortschaft angeschaut. Es tut sich nichts in meinem Kopf, keine Erinnerung, es kommt mir nichts bekannt vor, im Blog habe ich nicht viel darüber geschrieben. Klar bei fast 60 Übernachtungen kann man mal schon etwas vergessen, aber trotzdem ärgert mich es. Ich hätte gute Lust mich einfach schnell ins Auto zu setzen und hinzufahren. Einen Teil meines Lebens habe ich in Ottersberg verbracht und ich kann mich nicht daran erinnern. Parchim im Osten. Ich habe das wunderschöne Stadtbild vor Augen, kann mich sehr gut an die Ankunft, die Unterkunft, das Abendessen in der Pizzeria erinnern. In einem Fahrradladen hatte ich mir noch ein Multifunktionswerkzeug gekauft, welches ich immer mal wieder benötigte. Im Zimmer stand ein Schreibtisch, darüber an der Wand der Fernseher, ich schrieb meinen Tagesbericht, ein schöner Tag ist mir im Gedächtnis, fest verankert, für immer oder zumindest bis zur eintretenden Altersdemenz. Viele Fragen fallen mir schwer zu beantworten, habe ich mich verändert? Was hat die Tour mit mir gemacht? Aber auch hierzu werde ich im Interview meine Gedanken kundtun. Eine leichte Frage ist, ob ich die Reise wieder tun würde. Ein eindeutiges Ja. Ein paar Nuancen würde ich verändern, aber im Großen und Ganzen würde ich es genauso wieder angehen. Ich liebe es in Bewegung zu sein, mich anzustrengen, in der Natur zu sein, das Wetter zu spüren, den Wind um die Nase, mir macht es nicht viel aus zu schwitzen oder zu frieren. Natürlich hatte ich auch großes Glück mit dem Wetter. Die Überschwemmungen im Westen, Waldbrände in Brandenburg, die Hitzewelle im Sommer in ganz Deutschland, da war ich immer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort und nicht umgekehrt. Da fällt mir gerade das Gewitter über der Bushaltestelle ein, ach du meine Güte hatte ich Schiss. Wie schön wäre es gewesen, hätte sich eine Tür geöffnet und ich hätte das bei einer heißen Tasse Tee aussitzen können. Agnes hatte mir in Bayern die Tür geöffnet und mich vor einer obdachlosen Nacht im Freien bewahrt. Erinnerungen die bleiben. Eine passende Unterkunft zu finden war jedoch fast nie ein schwieriges Thema, mit einem Budget von 40 bis 50 Euro pro Übernachtung bin ich in Deutschland gut zu Recht gekommen, manchmal musste ich etwas länger suchen, etwas weiter fahren als geplant. Das war auch immer etwas abhängig von einer guten Internetverbindung, was die Recherche schon sehr vereinfacht. Auch die Routenplanung war dank Smartphone keine große Sache. Ich konnte mich auf das Radfahren und die Umgebung konzentrieren. Ab und zu mal verfahren, oder ahnungslos versuchen die Himmelsrichtung zu bestimmen ist ok, aber ich fühlte mich schon wohler zu wissen, wo ich bin und wo die nächste Ortschaft mit einer Bäckerei ist. Was habe ich mir im Vorfeld Gedanken über das Essen gemacht, war sogar bei einer Ernährungsberaterin. Natürlich war der Energieverbrauch höher als einem Tag im Büro, aber mit einem ausgiebigen Frühstück, einer Kleinigkeit zu Mittag, nachmittgas Kaffee und Kuchen, Energyriegel und Nüsse zwischendurch und mit einem herzhaften Abendessen bin ich sehr gut zurechtgekommen. Mein Gewicht hielt sich stabil, obwohl ich oft zu hören bekam, ich wäre so schmal im Gesicht geworden. Aber mein Gesicht war schon immer so, mit der Nase und dem Mund und den Ohren an der Seite.
Nun bin ich also schon wieder zwei Monate zu Hause und denke darüber nach, ob ich so etwas nochmals veranstalten möchte. Also da schwebt mir was im Kopf herum, ich glaube da muss ich mir mal intensiver Gedanken machen....

Mittwoch, 11. Juli 2018

Willkommen daheim


Dienstag, 10.07.2018              Lemberg – Rettigheim    100 KM                        Gesamt: 3.485 KM

Eine flache Tour durch den Pfälzer Wald und die Rheinebene steht heute noch an, bevor ich wieder im Kraichgau eintreffe. 
Um 16:23 Uhr Rettigheimer Ortszeit ist es dann soweit. 
Am 13. Mai bin ich hier gestartet, aufgeregt, etwas nervös und voller Vorfreude auf das Kommende. Acht Wochen und 3.485 Kilometer später bin ich nun glücklich und zufrieden wieder daheim, aufgeregt, etwas nervös und voller Vorfreude auf das Kommende. 
Hat sich etwas verändert, daheim oder an mir? Nun, das Wohnzimmer ist heimlich sehr schön umgestaltet, die Bananenstaude ist widererwarten wieder emporgeschossen und ich werde wiedererkannt und herzlich empfangen. Daheim ist es nun doch am Schönsten. 
Ist die Zeit nun schnell oder langsam vergangen? Ich empfinde es, als wäre ich gar nicht lange weg gewesen, ist alles so schön vertraut hier, allerdings wenn ich über das Erlebte und Gesehene nachdenke, kommt es mir vor, als ob die Reise ewig ging…wann war es nochmal als ich kein Zimmer fand und bei Agnes auf dem Speicher schlief…wann war es als ich bei strömendem Regen fuhr....oder von dem Gewitter überrascht wurde.... in einer Blockhütte übernachtete...auf die Ostsee blickte….mit dem Raddampfer dampfte…in der Schwebebahn schwebte....einen Platten hatte?...achja, das war gestern. 
Ich freue mich darauf nun die Berichte zu lesen und all die Geschehnisse wieder ins Gedächtnis zu führen und bin sehr froh, dass ich die Tagesberichte regelmäßig geschrieben habe. Und da kommt ihr ins Spiel, euer Feedback über Kommentare oder Whatsapp oder Facebook haben mich motiviert das durchzuziehen, obwohl es Wlan-technisch nicht immer einfach war oder mir auch einfach hin- und wieder die passenden Worte fehlten oder auch die Lust. 
Vielen Dank fürs Lesen und die angenehme Begleitung rings um Deutschland.









Montag, 9. Juli 2018

Plattfuß..echt jetzt ?


Montag, 09.07.2018             Saarbrücken – Lemberg   75 KM         Gesamt: 3.385 KM

Die letzten 170 KM könnte ich eigentlich doch auch am Stück fahren, nochmals einen Streckenrekord aufstellen zum Abschluss. Als ich mir jedoch das Höhenprofil anschaue verwerfe ich den Gedanken wieder. Vor Pirmasens geht es nochmal heftig den Berg hoch und dann wären es immer noch 100 Kilometer, das schaffe ich nicht und das muss ja auch nicht sein, lieber lasse ich die Tour langsam ausklingen.
Die ersten 40 Kilometer muss ich die gleiche Strecke zurück, wie ich vorgestern schon her geradelt bin. Da kommt es mir gar nicht so vor, als ob ich nach Hause fahre, eher dass ich mich wieder entferne. Erst als ich in Zweibrücken ankomme, eine Pause mache und die Route aktualisiere, wird mir bewusst, dass es jetzt schnurstracks nach Hause geht. Die Freude auf daheim ist riesig.
Bevor der steile Anstieg kommt merke ich, dass mein Rad etwas unruhig läuft, schon wieder der Gepäckträger denke ich, aber es ist diesmal sehr wenig Luft im Hinterreifen. Ich pumpe ihn auf, ahne aber schon, dass es damit nicht getan ist. Nach einigen Minuten ist die Luft wieder fast vollständig entwichen.
Das Rad hat jetzt wohl echt keinen Bock mehr. Schrauben verschwinden, Luft entweicht, das lässt den Verdacht auf Sabotage aufkommen.
Ein platter Reifen ist ja grundsätzlich kein Problem, so habe ich doch einen Ersatzschlauch und Reifenheber dabei. Zur Vorbereitung auf diese Situation habe ich auch im Vorfeld ein YouTube-Reifenpannen-Workshop-Video angesehen, in maximal 10 Minuten müsste das ganze erledigt sein.
Übrigens habe ich mich auch auf das Überfallszenario intensiv vorbereitet und sämtliche Bruce Lee Filme angeschaut. Es wäre ja schon fahrlässig gewesen diese Tour naiv zu starten.
Aber zurück zur Reifenpanne. Eine gute halbe Stunde benötige ich bis das Fahrrad wieder einsatzbereit ist, eine weitere halbe Stunde lasse ich mir Zeit mit dem Fahrrad zu reden. Und es stellt sich heraus, dass es nicht darum geht, dass es keine Lust mehr hat, sondern es hat Angst, dass es morgen Abend im Keller verschwindet und in Vergessenheit gerät. Das wird jedoch nicht passieren, der Sommer hat erst begonnen und die Lust am Radfahren habe ich nicht verloren, im Gegenteil, ich bin fitter denn je, kann mir locker Tagestouren mit Höhenprofil und 100 Kilometer Entfernung vornehmen.
Lemberg liegt etwas abseits und ist wohl eher eine kleinere Ortschaft, aber zum Glück ist die Pension ein Gasthaus mit Restaurantbetrieb. Ein letztes Mal alleine Abendessen. Irgendwie ist nun alles ein letztes Mal.
Momentan überwiegt die Freude auf zu Hause, aber bald schon werde ich mit Begeisterung auf meine 8-Wochen-Deutschlands-Hauptstädte-Tour zurückblicken. Das kam auch heute schon immer mal wieder in meine Gedanken, Erinnerungen an Wege, Orte und Begegnungen im Süden, im Osten, im Norden und im Westen.

Saarbrücken - Hauptstadt Nummer 16


Sonntag, 08.07.2018     Saarbrücken     0 KM                       Gesamt: 3.310 KM

Ausschlafen, gemütlich frühstücken, das laissez-faire Leben in Saarlands Hauptstadt genießen. So lautet der Plan für heute. Das Wetter spielt wieder mit, es ist Sonntag, die Menschen sind entspannt.
Gemütlich schlendere ich zum Schloß, eine Bluesband spielt. In der Altstadt setze ich mich in ein Café, aktualisiere meine Berichte und beobachte das Treiben auf dem großen Platz vor mir. Nur der wehmütig aufspielende Akkordeon-Spieler gibt sich alle Mühe die gute Stimmung nicht eskalieren zu lassen.
So vergeht der bedeutungsvolle letzte Hauptstädtetag langsam und gemütlich, ohne dass etwas Bedeutungsvolles passiert.
Noch zweimal schlafen, noch zweimal packen, noch zweimal radfahren.





Sonntag, 8. Juli 2018

Finish


Samstag, 07.07.2018         Otterberg – Saarbrücken 85 KM        Gesamt: 3.310 KM

Über Homburg und Blieskastel führt meine heutige Tour zur letzten Hauptstadt auf meiner Reise.
Um 15 Uhr habe ich es geschafft, alle Bundesländer, alle Hauptstädte. Wahnsinn. Wann bin ich nochmal losgefahren? Wie lange ist das her? Noch kann ich das alles nicht realisieren, ich bin müde und kümmere mich zunächst um eine Unterkunft.
Kurz überlege ich mir, ob ich mir zum Abschluss nicht ein spektakuläres Hotel buchen soll, aber ein einfaches Zimmer mit einem Bett und einer Dusche reicht vollkommen aus. Schön wohnen kann ich zu Hause wieder, ich denke da kommt schon langsam wieder der Buchhalter durch.
Ein schönes, kleines Hotel finde ich in der Nähe des Zentrums und der Hotelier repariert doch kurzerhand noch mein Rad, als ich ihn nach einer Werkstatt frage. Wir unterhalten uns noch eine Weile und ich denke mir, wieder so eine kleine nette Begegnung und setze das Saarländisch neben dem Sächsischen und dem Kölschen auf die Top 3 Liste der skurrilsten Dialekte.
Ein herrlicher Abend erwartet mich, mit Public Viewing in der Saarbrücker Altstadt bei lauem Sommerwetter. Morgen schaue ich mir noch etwas die Stadt an, bevor es dann am Montag wieder in Richtung Heimat geht. 
Den Einwand, dass meine Reise nicht komplett wäre, weil ich das 17. Bundesland Mallorca nicht anfahre, lasse ich übrigens nicht gelten. Ihr spinnt wohl.

Streckenrekord


Freitag, 06.07.2018            Mainz – Otterberg   115 KM            Gesamt: 3.225 KM

Der Plan war eigentlich in 3 Etappen gemütlich die 200 Kilometer nach Saarbrücken zu fahren, aber mangels geeigneter Unterkunftsmöglichkeiten auf der Strecke, ist meine heutige Tour länger als geplant, so dass ich es schon morgen schaffen kann nach Saarbrücken zu kommen.
Als ich mittags in Worms ankomme, sehe ich ein Schild mit der Angabe 25 Kilometer nach Ludwigshafen, das heißt ich könnte locker am Nachmittag zu Hause sein. Sehr verlockend, allerdings wusste ich, dass das Saarland nach 7 Wochen unterwegs sein, nochmals eine mentale Herausforderung wird.
Wohl aufgrund der vielen Schotterwege hat sich eine Schraube am Gepäckträger verabschiedet und ich muss das Fahrrad ruhig halten, damit das Rad frei laufen kann. Meine kleinen Kabelbinder helfen nur minimal. Eine Fahrradwerkstatt findet man natürlich dann auch nicht, wenn man sie gerade benötigt.
Meinen Streckenrekord habe ich dann um 17 Uhr in dem kleinen Städtchen Otterberg in der Nähe von Kaiserslautern beendet. Ein sehr großer Flachbildschirm auf dem Zimmer lädt ein zum gemütlichen Schauen des WM-Spiels Belgien gegen Uruguay.

Dom zu Worms

Wiesbaden - Hauptstadt Nummer 15


Donnerstag, 05.07.2018          Wiesbaden    0 KM                    Gesamt: 3.110 KM

Über Wiesbaden habe ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht. Schließlich vermutet man ja auch, dass Frankfurt die Hauptstadt Hessens ist.
Ein schönes Rathaus, ein schönes Kurhaus und ein schönes Kaffeehaus, mehr kann mich heute hier auch nicht begeistern. Das kann aber auch daran liegen, dass mir etwas die Luft ausgeht, mit den vielen Stadtbesichtigungen in letzter Zeit.
Um dann aber Wiesbaden auch in Erinnerung zu behalten, entschließe ich mich zum Frisör zu gehen. Ein türkischer Barbier hat offen und ich benötige keinen Termin. Ein großer Flachbildschirm hängt an der Wand und es kommen Videos mit lauter türkischer Rapmusik. Der junge Frisör meint "ich mache mal andere Musik", stellt den Fernseher auf lautlos und holt sein Handy aus der Tasche. Ich befürchte schon jetzt kommt gleich Volksmusik, um dem älteren Herren einen Gefallen zu tun, aber es läuft nun nicht minder leise deutsche Rapmusik mit Migrationshintergrund. Ich möchte mir keine Blöße geben und frage nicht nach dem Unterschied zur vorhergehenden Beschallung. Nach mehrmaligem Nachfragen traut sich der Jungfrisör nun auch meine Haare auf 4 mm abzurasieren. Eigentlich hatte ich ja vermutet, dass meine Haare wegen der vielen Sonne etwas blonder hervortreten, aber es ist wohl eher so graublond, was da auf den Boden fällt.
Morgen früh geht's nun weiter zur letzten Hauptstadt Saarbrücken. Meine Gedanken sind jedoch zu Hause. Ich merke nun, dass es langsam reicht, der Spaß am Radfahren ist mir nicht verlorengegangen, aber die Nähe zur Heimat lässt das Herz schneller schlagen. 












Donnerstag, 5. Juli 2018

Mainz - Hauptstadt Nummer 14


Mittwoch, 04.07.2018           Boppard – Mainz   75 KM                      Gesamt: 3.110 KM

Durch das Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal fahre ich heute weiter in Richtung Mainz.
Es ist schwül und die Luftfeuchtigkeit ist sehr hoch, außerdem habe ich Gegenwind. Nun bin ich froh, dass ich gestern noch 20 Kilometer mehr gefahren bin, das habe ich heute schon gespart.
Die Landschaft mit den vielen Burgen, die kleinen Städtchen mit viel Fachwerk sowie der Fluß und die Schiffe darauf sind allerdings herrlich anzuschauen, langsam rolle ich dahin und vergesse alles drum herum.
Es ist dann nicht einfach wieder auf den Stadtmodus umzustellen, die Einfahrt nach Mainz ist etwas anstrengend, überall muss man seine Augen haben und höllisch aufpassen.
Das gebuchte Hotel liegt in der Nähe des Bahnhofes, so dass ich morgen auch von hier aus einfach über die Brücke zu Hessens Hauptstadt Wiesbaden fahren kann. Zwei Hauptstädte auf einen Streich.
Mainz kenne ich schon recht gut, mit meinem ehemaligen Kollegen Ralf bin ich hier einige Male den Gutenberg-(Halb-)Marathon gerannt.
Nach einem Spaziergang durch die Altstadt, schaue ich mir noch den herrlichen Sonnenuntergang am Rheinufer an.



















Mittwoch, 4. Juli 2018

3000


Dienstag, 03.07.2018                 Bonn – Boppard   95 KM                           Gesamt: 3.035 KM

Ähnlich wie gestern führt auch heute die Strecke wunderschön am Rhein entlang, allerdings ist es heute bestimmt nochmal 5 Grad heißer.
Nachdem das gestern so gut geklappt hat mit der Vermittlung des Zimmers vor Ort, habe ich auch heute keine Unterkunft im Voraus gebucht und möchte gerne in Koblenz übernachten. Allerdings ist weder die Frau an der Touristeninfo sehr motiviert, noch ist irgendetwas passendes frei.
Auf einem Campingplatz wird eine Art Tonne, ein Schlaf-Fass aus Holz, mit Matratze angeboten, das fände ich ja schon mal cool, aber 45 Euro gebe ich dafür mit Sicherheit nicht aus. Mir hätte bei dieser Hitze auch eine Hängematte gereicht, aber auch das war leider heute nicht zu bekommen in Koblenz.
Schade, denn die Stadt mit Mosel und Rhein hätte ich mir schon gerne näher angeschaut, obwohl ich schon zweimal hier war.
Nach einer Recherche über HRS finde ich in Boppard etwas Geeignetes und setze eben noch 20 Kilometer drauf. Es ist nun schon Nachmittag und die Sonne brennt nicht mehr so gnadenlos wie heute Mittag, so dass ich auch das noch gut schaffe.
Hey,  ich habe die 3.000er Marke überschritten. Mir sind die vielen Kilometer gar nicht so recht bewusst, irgendwie denke ich immer von Tag zu Tag und mache eben verschiedene Touren zwischen 70 und 100 Kilometer.



Bodenkontakt


Montag, 02.07.2018          Düsseldorf – Bonn 90 KM                                     Gesamt: 2.940 KM

Der Countdown läuft, noch drei Hauptstädte und die Tour ist zu Ende. Die Zeit wird langsam knapp für die Dinge, die noch nicht getan, bzw. passiert sind: Überfall und Ausraubung… Plattfuß…Sturz…eine Nacht im Freien, weil ich kein Zimmer finde…Wäsche waschen im Waschsalon…Krank werden.
Die nächsten drei Tage bis Mainz bzw. Wiesbaden wird der Rhein mein ständiger Begleiter sein. Die Route ist flach und führt über Leverkusen und Köln. Keine Steigungen sind zu bewältigen, gemütlich radelt man direkt am Fluss entlang, kann die Schiffe beobachten oder die Burgen auf den Bergen. Das ist echt traumhaft, zumal auch noch die Sonne scheint und ein leichtes Lüftlein weht. Einziger kleiner Kritikpunkt: die Sonne strahlt direkt von vorne, da es immer in Richtung Süden geht, aber mit Schildmütze und Sonnenbrille ist auch das locker zu ertragen. Ich merke mal wieder, dass ich eindeutig ein Schönwetterradler bin, lieber zu heiß als den ganzen Tag bewölkt.
Den Hinweisalarm auf meiner GPS-Uhr, habe ich von jeweils 10 Kilometer auf 5 Kilometer gesetzt, damit ich genügend Trinkpausen mache. Bei der Hitze trinke ich locker 4 Liter am Tag. 
Als ich gegen Mittag am Werksgelände der Bayer-Werke entlang fahre, sehe ich wie sich Bahngleise schräg über die Fahrbahn ziehen. Eine Frau vor mir fährt mit Ihrem Rad ganz vorsichtig am Straßenrand darüber, ich erwische leider keinen guten Winkel. Ein Anfängerfehler. Das Vorderrad fädelt zwischen den Gleisen ein, der ausbrechende Lenker gibt mir den nötigen Schwung um über das Rad zu fliegen. Wie genau der Sturz von statten geht, weiß ich nicht, aber ich bekomme bewusst mit wie ich mich auf der Straße überschlage. Die zweite Neymar-Rolle war dann für das Publikum, Schmerzen verspüre ich keine.
Ich sehe kurz zu der Frau, Mitte 60, es macht also keinen Sinn unnötig lange liegen zu bleiben. Alles in Ordnung rufe ich ihr zu und nicke, als sie in bestem kölschen Dialekt sagt, dat de Gleise echt jefährlisch sinn.
Da mir nichts weh tut, gilt meine größte Sorge dem Rad. Nachdem ich es wieder aufgerichtet habe, sehe ich dass das vordere Schutzblech, sowie die Lampe verbogen sind. Allerdings bekomme ich das auch mit meinen minderbegabten technischen Fähigkeiten wieder hin. Da ich eine leichte Schürfwunde am Arm habe und ich und das Rad auf dem Boden gelandet sind möchte ich diese Aktion als Sturz gelten lassen und als Programmpunkt abhaken. Jedoch finde ich die Liste mit den Programmpunkten doof und werde das nicht mehr weiter verfolgen.
Da war eine ganze Portion Glück dabei und das möchte ich nicht überstrapazieren.
Gegen Nachmittag komme ich nach Bonn und die freundliche Dame im Touristenbüro vermittelt mir ein Zimmer in einer netten Pension nahe dem Zentrum.
Das große Baustellenprojekt ist hier nicht der Marktplatz sondern mal wieder der Bahnhof, auch sehr beliebt in deutschen Städten diesen neu zu gestalten.
Die Altstadt kann sich sehen lassen, mit Münster, Altem Rathaus und Beethovens Geburtshaus.
Den lauen Sommerabend verbringe ich mit Gleichgesinnten und schaue mir in einem Biergarten das WM-Spiel Japan gegen Belgien an.